Mach ich mir Mini-Ichs?

Im Moment lese ich ein wenig über Erziehung und ich bin etwas verwirrt und irgendwie auch enttäuscht darüber, dass ich anscheinend einige gravierende Fehler mache. Unwissentlich. Und als ich heute am Spielplatz die anderen Mamis diesbezüglich beobachtet habe, war ich noch verwirrter, denn einige scheinen gerade diese „Fehler“ aus vollster Überzeugung zu machen. Wo es beim letzten Blogpost alles noch so einfach schien, bin ich im Moment irgendwie neben der Spur und überlege dreimal, bevor ich mit meinen Kindern kommuniziere. 

Ich habe zum Beispiel gelesen, dass es nicht gut ist, seine Kinder zu loben. Denn damit projeziert man seine eigenen Werte auf das Kind und urteilt darüber, was gut und schön ist. Mir ist klar, dass die Meinung der Eltern den Kindern sehr wichtig ist und ich habe angefangen, darüber nachzudenken, wie das bei mir als Kind war. Ich bin sehr oft superstolz mit meinen Werken zu meiner Mama, um mir das erwartete Lob abzuholen. Und wenn es nur ein beiläufiges „Ja, schön!“ wurde, war ich fast enttäuscht. Es gab immer viel Lob und wenn es dann einmal nicht so ausladend ausfiel wie gewohnt, war das komisch. Wenn ich später Kritik von einer Person bekam, die ich sehr respektierte, so kam mir alles andere wie nichtige Heuchelei vor. 

Kann ich diesen Geltungsdrang meinen eigenen Kindern „abtrainieren“?

Wenn ich’s mir recht überlege, tue ich auch jetzt noch so manches nur wegen der erhofften Anerkennung. Heute vielleicht eher durch den roten Punkt unter dem Herzchen. Ist das dumm? Oder normal? Oder halt so anerzogen? Kann ich diesen Geltungsdrang meinen eigenen Kindern „abtrainieren“? Indem ich sie spüren lasse, das allein der Akt des Tuns wichtiger ist als das Ergebnis? Ich habe nun einmal, so wie ich das gelesen und verstanden habe, meiner Tochter gegenüber erwähnt, dass es mir gefällt, wie konzentriert sie bei der Sache ist, wenn sie malt. Gestern fragte sie mich: „Ge, Mama, des is so toll, wie ich mich konzentrier!?“ Ich wäre inkonsequent und würde lügen, wenn ich „Nein“ sage. Wenn ich klar mit „Ja“ antworte, lobe ich sie doch indirekt. Oder ist es angemessen, „Konzentration“ als Wert zu loben, ein schönes Bild aber nicht? Also „wie“ sie etwas tut und nicht „was“? Oder sollte ich einfach eine Gegenfrage stellen à la „Und du? Was denkst du? Macht es dir Spass?“?

Manchmal platzt es einfach aus mir heraus, wie toll ich etwas finde, weil ich es wirklich so empfinde, müsste ich es mir dann eigentlich verkneifen? Oder muss man nur einfach aufpassen, das Lob nicht inflationär zu verwenden, damit es nicht irgendwann nichts mehr wert ist, weil „Mama ja immer alles toll findet“? Ein spannendes Thema. Ich merke, ich häng’ gerade an der Spitze des Eisbergs, aber ich bleibe dran und bemühe mich weiterhin.

Ach ja, zum Thema „seine eigenen Wünsche auf das Kind zu übertragen“: Ich habe meinen Kleinen und mir Strandoutfits genäht. Im Partnerlook natürlich. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob sie von der Idee genauso hingerissen sind wie ich…

© Lena Wandinger Photography