Von meiner Oma

Wenn es mir mal richtig schlecht geht, stelle ich mir vor, wie ich meiner Großmutter davon erzähle. Vor meinem geistigen Auge sehe ich dann ihr gütiges, liebevolles Lächeln und es geht mir augenblicklich besser. Denn rational gesehen geht es mir eigentlich immer verdammt gut. Meine Oma lebt noch, aber ich würde sie nicht mit meinen Problemen belangen. Weil ich die Worte kenne, die sie nie aussprechen würde, um mich nicht zu beschämen. Ach kleine Lena, wenn du wüsstest. Einmal habe ich sie nach dem schönsten Erlebnis in ihrem Leben gefragt. „Die Kinder“. Sie hatte zehn davon. Und noch während ich sie nach dem schlimmsten fragte, wollte ich mir die Zunge abbeissen, da ihr bereits die Tränen in den Augen standen. Da wurde mir klar: die Zeit heilt nicht alle Wunden. Man lernt nur, kein Salz hinein zu streuen.

Dieses Portrait war Teil meines Buches „Dahoam is, wo mei Huad hängt.“

Sie ist eine unwahrscheinlich starke Frau. Heute wurde sie 90 Jahre alt. Sie hat unglaublich viel erlebt und mich schon Einiges über das Leben gelehrt. Aus ihrer bedingungslosen Liebe zu ihren Kindern und Kindeskindern heraus entstand für mich das absolute Urvertrauen. Zu wissen, dass immer alles gut wird. Es scheint manchmal naiv und unangebracht, aber ich kann daran festhalten und es gibt mir Kraft. Dieses gute Grundgefühl, geliebt und wertvoll zu sein, ist ein wunderbares Geschenk, für das ich sehr dankbar bin.

© Lena Wandinger Photography